An einem Wochenende mit mäßigem Wetter: Testaufnahmen für Zeitrafferfilme wollen gemacht sein, neue Ausrüstung soll getestet werden. Sperrige Ausrüstung wird ins unfreundliche Wetter geschleppt, aufgebaut, die Testaufnahme gestartet und mein MP3-Spieler versorgt mich mit einem Hörbuch.
Minuten später biegt eine dieser “Touristenbahnen” um die Ecke, die Mischung von Elektrospielzeug und groß-gewordener Modelleisenbahn hält an, spuckt eine handvoll Touristen aus, der Fahrer streckt sich, schaut sich um und schlendert dann zu mir herüber.
Fahrer: Sind Sie Profifotograf? Weil Ihre Ausrüstung, die sieht so aus.
Fototograf: Nein ich bin Amateur, dass ist mein Hobby.
Fahrer: Ahh, gut. Weil, ich suche jemand der für mein Geschäft (zeigt auf seine Bahn) ein paar Fotos macht. Und der nicht so Preise nimmt wie Profifotografen. Das kann ja keiner bezahlen und in so ein Geschäft (zeigt erneut auf seine im Hintergrund parkende Bahn) investiert man ja auch eine Menge Geld bevor da was hängen bleibt.
Sie könne das doch auch, sogar billiger als so’n Berufsfotograf.
Nicht schon wieder! Sehe ich aus als ob ich auf den Fotografenstrich gehe? Wie werde ich den jetzt wieder los, welches der zahllosen denkbaren Argumente wird er verstehen?
Fotograf: Danke, aber so etwas mache ich nicht. Fotografie ist für mich ein Hobby, ich habe einen Job mit dem ich Rechnungen bezahle. Selbst wenn ich solche Aufträge annehmen würde, es würde kaum weniger kosten als bei einem Berfufsfotografen.
Fahrer: Echt? Naja. Aber Sie kennen da bestimmt doch jemand der sowas nebenher macht, oder?
Ha, was für eine Steilvorlage. Endlich wieder mal jemand, den man den Horden von “Quereinsteigern” aus Fotocommunities, Fotoklubs und einschlägigen Foren zum Fraß vorwerfen könnte. Wissend, dass er bei einer solchen Erfahrung wahrscheinlich Zeit und/oder Geld verlöre und anschließend mit mediokren Bildresultaten sitzen bleibt. Um am Ende dann doch zum Berufsfotografen zu gehen.
Andererseit scheint er kein übler Kerl zu sein.
Fotograf: Schauen Sie, Sie sind doch Profi in Ihrem Fach, oder?
Fahrer: (nickt).
Fotograf: Sie haben konkrete Vorstellungen wie die Bilder wirken sollen, was drauf sein soll was nicht. Sie wollen zeitnah Ergebnisse nach Ihren Wünschen. Besser noch Ergebnisse die Ihre Wünsche übertreffen (Fahrer nickt wieder).
Lange Betriebsunterbrechungen, weil der Fotograf erst probieren muss, das möchten Sie nicht. Lange auf Bildergebnisse warten – weil die Bilder von Tante Erna’s 70stem noch vorher dran sind und man im Beruf gerade viel zu tun hat – das wollen Sie auch nicht. Zank darüber in welcher Form die Ergebnisse abzuliefern sind, auch das brauchen Sie nicht.
Sie sind selbst Profi, warum gehen Sie dann nicht zu einem, wenn Sie für Ihr Geschäft werben wollen?
Fahrer: Eigentlich ham’se ja recht. Aber es geht ja auch nur um so Sachen wie Postkarten und Aufkleber …
Fotograf: … auf denen zukünftige Kunden Ihr Gefährt erkennen und dann sagen: “Sowas ist aber praktisch, da wird man hingefahren wo es etwas zu sehen gibt, da will ich auch mitfahren wenn ich mal nach X komme.”
Fahrer: (grinst) Ja, naja kann man natürlich auch so sehen. Vielen Dank auch, ich muss jetzt weiter (sprach’s, sammelt seine Fahrgäste ein und fährt von dannen).
Klar, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit wird er den nächsten ansprechen der einen Fotorucksack dabei hat, dem eine SLR um den Hals baumelt oder der ein Stativ vor sich hingestellt hat. Würde ich es “für Geld machen”, also einen bezahlten Fotojob annehmen? Ja, wenn ich weiß das ich liefern kann (terminlich, handwerklich, qualitativ) und wenn die Sache kosten-deckend wäre.
Von Uwe